Notarkammer Sachsen
Tag der offenen Tür

Tag der offenen Tür: Notvertretungsrecht für Ehegatten – Brauche ich noch eine Vorsorgevollmacht?

Um diese und andere Fragen der rechtlichen Notfallvorsorge dreht sich in diesem Jahr der traditionelle „Tag der offenen Tür“ der Notarinnen und Notare in Sachsen. Dieser findet am Mittwoch, dem 03. Mai 2023, von 15.00 Uhr bis 17:30 Uhr in den Büros der teilnehmenden Notarinnen und Notare statt. Die Liste der teilnehmenden Notarinnen und Notare ist hier zu finden. Um vorherige Anmeldung im jeweiligen Notarbüro wird gebeten.

Wer regelt eigentlich Ihre Vermögensangelegenheiten, wenn Sie selbst handlungsunfähig im Krankenhaus liegen? Wer verhandelt mit Banken, Institutionen und Behörden, wenn Sie es nicht mehr können? Und wer bestimmt, wie Ihre ärztliche Behandlung aussehen soll, wenn Sie bewusstlos im Koma liegen? Das Gesetz hält für diese Fragen klare Antworten bereit, welche nicht immer den Erwartungen der Betroffenen entsprechen.

Ohne Vorsorge: Rechtliche Betreuung

Im Grundsatz erhält ein Volljähriger, wenn er seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst erledigen kann, einen gerichtlich bestellten Betreuer. Weder der Ehegatte noch andere nahe Verwandte sind vom Gesetz „automatisch“ zur umfassenden und dauerhaften Vertretung berufen. Zwar gilt seit dem 1. Januar 2023 im Notfall für Ehegatten ein gegenseitiges Vertretungsrecht. Dieses Notvertretungsrecht ist allerdings an enge Voraussetzungen gebunden und in der Sache auf den Bereich der Gesundheitssorge beschränkt, so dass beispielsweise Behördengänge, Versicherungsangelegenheiten oder Bankgeschäfte nicht erfasst sind. Darüber hinaus greift das Notvertretungsrecht des Ehegatten nur für maximal sechs Monate. Es hilft folglich bei länger anhaltenden Krankheitszuständen auf Dauer nicht weiter und schiebt die Einleitung eines Betreuungsverfahrens nur um maximal sechs Monate auf.

Ihr Wille sollte zählen – mit einer Vorsorgevollmacht

Nur eine selbstbestimmte Regelung der eigenen Angelegenheiten in Form einer Vorsorgevollmacht ermöglicht daher eine dauerhafte und umfassende Vertretung. Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie Ihren Ehegatten, aber auch andere Personen Ihres Vertrauens völlig frei bevollmächtigen, für Sie zu handeln und zu entscheiden, falls Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Welche Angelegenheiten durch den Bevollmächtigten für Sie geregelt werden sollen, richtet sich allein nach Ihren Wünschen. Weil das Leben aber kaum vorhersehbar ist und bei der Aufzählung einzelner Bereiche leicht etwas vergessen werden kann, empfiehlt es sich in der Regel, die Vorsorgevollmacht in Form einer sog. Generalvollmacht zu erteilen.

Weitere Vorsorgeverfügungen

Für den Fall, dass sämtliche Vertrauenspersonen ausfallen oder Sie niemanden kennen sollten, dem Sie eine umfassende Vollmacht erteilen wollen, steht mit der sog. Betreuungsverfügung ebenfalls eine passende Lösung bereit. Die Einbettung in das System der Betreuung bewirkt, dass eine gerichtliche Kontrolle des Betreuers bei der Regelung Ihrer Angelegenheiten erfolgt. In der Verfügung können Sie etwa erklären, wer Sie betreuen darf oder wer auf keinen Fall als Betreuer in Betracht kommt. Vor allem legen Sie fest, wie Sie betreut werden wollen und was bei der Gestaltung Ihres täglichen Lebens zu beachten ist.

Zu einem selbstbestimmten Leben gehört es auch, dass Sie Ihren Angehörigen für bestimmte medizinische Situationen, in der Sie selbst entscheidungsunfähig sind, eine Leitlinie an die Hand geben können. Mit einer Patientenverfügung können Sie vorab festlegen, in welchem Umfang Sie medizinische Versorgung zulassen wollen, etwa wenn Sie schwer und aussichtslos erkrankt sind. Ihre Vorgaben sind dabei von Ärztinnen und Ärzten zu beachten und von Ihren Bevollmächtigten durchzusetzen. Daher ist es sinnvoll, die Patientenverfügung mit der Vorsorgevollmacht zu kombinieren.

Individuelle und rechtssichere Gestaltung von Vorsorgeverfügungen

Egal ob Vorsorgevollmacht, Betreuungs- oder Patientenverfügung – verlassen Sie sich nicht auf vorgefertigte Formulare, auf denen Sie angeblich nur noch unterschreiben müssen. Eine rechtssichere und verlässliche Vorsorge erfordert stets eine individuelle Betrachtung Ihrer Lebensumstände. In den seltensten Fällen werden diese durch vermeintlich einfache Muster aus dem Internet in angemessener und juristisch zutreffender Weise abgebildet. Auch wenn eine besondere Form für Vollmachten vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben ist, genügen eigenhändig erstellte Vollmachten zudem oftmals nicht. So ist für bestimmte Rechtsgeschäfte (insbesondere Grundstücksgeschäfte) eine privatschriftliche Vollmacht nicht ausreichend. Auch prüfen Kreditinstitute das Vorliegen einer wirksamen Vollmacht besonders streng. Letztlich ist dies auch verständlich: Wer kann bei einer handschriftlichen Vollmacht schon sagen, von wem die Unterschrift stammt und ob der Vollmachtgeber im Zeitpunkt der Unterschrift noch geschäftsfähig war?

Die notarielle Beurkundung schafft hier Sicherheit: Notarinnen und Notare beraten Sie, klären über alle Rechtsfolgen auf und sorgen dafür, alles in die richtige Form zu bringen. Eine notarielle Vorsorgeverfügung hält hierbei zahlreiche rechtliche und praktische Vorteile bereit.

Auf zum „Tag der offenen Tür“!

Wertvolle Tipps, wie Sie die richtige rechtliche Vorsorge treffen, Ihren Willen von einer selbst gewählten Person durchsetzen lassen können, eine Betreuung vermeiden und Familienstreitigkeiten vorbeugen, erhalten Sie am Mittwoch, dem 03. Mai 2023, von 15:00 Uhr bis 17:30 Uhr, in den Büros der teilnehmenden Notarinnen und Notare. Welche Notarinnen und Notare am Tag der offenen Tür teilnehmen, erfahren Sie hier. Um vorherige Anmeldung im jeweiligen Notarbüro wird gebeten.

Die sächsischen Notarinnen und Notare freuen sich auf Ihren Besuch!