Notarkammer Sachsen

Leserforen der Notarkammer Sachsen und der Verbraucherzentrale Sachsen im Jahr 2023

Gewappnet für den Ernstfall – Tipps zu Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Pflege
von sächsischen Notarinnen und Notaren sowie von der Verbraucherzentrale Sachsen

Oft heißt es: „Vollmacht und Patientenverfügung aus dem Internet reichen vollkommen aus.“ Oder: „Eine Vollmacht benötigt nur, wer alleinstehend ist oder einen anderen als den eigenen Partner benennen will.“ Über diese und weitere verbreitete Fehlvorstellungen klärten Notarinnen und Notare bei den diesjährigen Leserforen in Dresden (17.10.2023), Leipzig (07.11.2023) und Zwickau (15.11.2023) auf. Außerdem informierte die Verbraucherzentrale Sachsen über den Umgang mit pflegebedürftigen Angehörigen. Durch das Programm führte Sven Kochale, freier Journalist (u.a. MDR).

Eine Vorsorgevollmacht verhindert, dass im Notfall ein gerichtlicher Betreuer bestellt werden muss, und ermöglicht, dass An- oder Zugehörige als Vertreter handeln können. Wie eine solche Vollmacht auszusehen hat, wissen aber die Wenigsten. Irrtümer sind weit verbreitet. Große Unsicherheit besteht außerdem oft, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig wird. Der Berg an Aufgaben, der zu bewältigen ist, überfordert viele. Doch welche Schritte sollten sinnvollerweise als erstes ergriffen werden und wie können Angehörige den Durchblick behalten?

Vorlagen aus dem Internet oft unzureichend

Mithilfe einer Vorsorgevollmacht kann eine Vertrauensperson bevollmächtigt werden, im Namen des Vollmachtgebers zu handeln und seine Angelegenheiten zu erledigen. Für eine wirksame Vertretung ist es wichtig, dass die Vollmacht präzise gefasst ist. „Vorlagen aus dem Internet oder von Nichtjuristen sind inhaltlich oft unzureichend“, warnt Tim Hofmann, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen. Sie sind häufig praktisch unbrauchbar, weil sie vorsehen, dass der Bevollmächtigte erst handeln darf, wenn der Vollmachtgeber tatsächlich geschäftsunfähig geworden ist. Dieser Nachweis ist praktisch schwer zu führen. Und Patientenverfügungen sind zwar sinnvoll, um medizinischen Behandlungswünschen Ausdruck zu verleihen, sie ermöglichen aber keine Vertretung des Vollmachtgebers in Vermögens- oder Gesundheitsangelegenheiten durch die Bevollmächtigten.

Problematisch ist es, wenn die Vorsorgevollmacht nicht als Generalvollmacht ausgestaltet ist und bestimmte Punkte ausgenommen werden, die auf den ersten Blick nicht wichtig erscheinen. Gerade bei Vollmachten zum Ankreuzen unterlaufen schnell derartige Fehler. „Ankreuzvollmachten“ sind auch besonders fälschungsanfällig und genießen daher nur eine geringe Akzeptanz im Rechtsverkehr. „Damit die Vollmacht im Vorsorgefall auch wirklich hilft, sollte sie juristisch geprüft und bestenfalls gleich von einer Notarin oder einem Notar entworfen werden“, rät Hofmann.

Vollmacht in besonderen Fällen

Wem ist beispielsweise bewusst, dass eine Bankfinanzierung beim Grundstückskauf für den Käufer nur möglich ist, wenn eine auf Verkäuferseite eingesetzte Vollmacht auch die Befugnis zur Unterwerfung des Vollmachtgebers unter die sofortige Zwangsvollstreckung umfasst? Hinzu kommt, dass selbst die juristisch beste Vollmacht nutzlos ist, wenn bestimmte Rechtsgeschäfte mit ihr nicht abgeschlossen werden können. Hat der Vollmachtgeber beispielsweise Grundbesitz, der veräußert oder belastet werden muss, oder soll ein zu seinen Gunsten eingetragenes Wohnungs- oder Nießbrauchrecht gelöscht werden, ist gesetzlich vorgeschrieben, dass das Grundbuchamt nur solche Vollmachten akzeptieren darf, die öffentlich beglaubigt oder notariell beurkundet sind. Dieser Anforderung kann am besten durch eine notarielle Vorsorgevollmacht Rechnung getragen werden. „Wenn man auf Nummer Sicher gehen will, führt kein Weg an der Notarin oder dem Notar vorbei“, stellt Hofmann fest und empfiehlt: „Je früher, desto besser. Denn sobald der Vollmachtgeber geschäftsunfähig ist und seine Unterschrift nicht mehr beglaubigen lassen kann, ist die Vollmacht jedenfalls im Grundbuchverfahren wertlos.“

Vorsorge im Pflegefall

Große Unsicherheit besteht auch bei der Frage, welche Schritte Angehörige zu ergreifen haben, wenn der Pflegefall eingetreten ist. Was ist als erstes zu tun? Wie kann die Pflege ausgestaltet werden? Welche gesetzlichen Leistungen stehen Pflegebedürftigen zu? Wer ist zu informieren? Und wie lassen sich passende Hilfsangebote auswählen? „Wenn der Pflegefall eintritt, ist vieles zu beachten und zu bedenken“, weiß Micaela Schwanenberg von der Verbraucherzentrale Sachsen und stellt klar: „Die Angelegenheiten der Betroffenen müssen schnellstmöglich geregelt werden. Entscheidungen sind kurzfristig zu treffen. Deswegen ist es sinnvoll, wenn eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung bestehen und die Bevollmächtigten wissen, was zu tun ist und was sie tun dürfen. Denn auch gegenüber Pflegekassen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und -diensten etc. dürfen nur ordnungsgemäß bevollmächtigte Personen für Betroffene handeln.“

Zu diesen und anderen Fragen rund um das Thema Vorsorge und Pflege informierten die Notarkammer Sachsen und die Verbraucherzentrale im Rahmen der Leserforen im Jahr 2023. Insgesamt informierten sich etwa 400 Bürgerinnen und Bürger darüber, welche Schritte für die individuelle Vorsorge sinnvollerweise zu ergreifen sind und wie ihre Angehörigen im Vorsorge- und Pflegefall den Durchblick behalten.
 

Presseberichterstattung:

» Freie Presse vom 16.11.2023

» Leipziger Volkszeitung vom 09.11.2023

» Leipziger Volkszeitung vom 03.11.2023